Lebendige Geschichte und offener Entdeckergeist

Pechschwarz türmt sich der Torf in den Loren auf den rostbraunen Schienen neben der Straße. Windräder stehen als Zeugen der Energiewende auf den Äckern. Wer sich auf den Weg zur Firma Otto & Ernst Cordes im Emsland macht, begegnet lebendiger Geschichte und offenem Entdeckergeist. Spätestens beim Betreten des 1926 gegründeten Handwerksbetriebs wird klar: Hier sind kreative und erfolgreiche Macher am Ruder.

Christoph Cordes ist einer der digitalen Treiber

Christoph Cordes führt zusammen mit Vater Ernst-Otto das Unternehmen mit seinen rund 100 Mitarbeitern. Ein Riese unter den Fachhandwerksbetrieben mit Aufträgen von Flensburg bis Sachsen und ein Pionier in Sachen Digitalisierung. Das Emsland wurde einst durch den Transrapid bekannt, der in diesem Landstrich mit bis zu 450 km/h über die 31,5 Kilometer lange Teststrecke jagte. Ein Pilotprojekt, das so dramatisch wie traurig mit einem Unfall endete. Aber die Menschen aus dem Emsland lassen sich nicht unterkriegen, sondern packen weiter an. 

Vor dem mächtigen dunkelbraunen Antiquitätenschrank setzt sich Christoph Cordes auf den Stuhl und klappt seinen Laptop auf. Schnell ist zu spüren: Dieser junge Mann weiß, was er sagt und wie er das Unternehmen in die Zukunft führen will. Im Ort sprechen die Menschen voller Hochachtung von der Entwicklung der Firma, die neben dem Privatgeschäft insbesondere im gewerblichen Bereich sehr erfolgreich ist. Nicht zuletzt dank der digitalen Tools, die in den vergangenen Jahren in Steinbild und in der Bädergalerie im wenige Kilometer entfernten Aschendorf Einzug gehalten haben. Eine Entwicklung, an der Christoph Cordes wesentlichen Anteil trägt: „Sicher bin ich einer der digitalen Treiber im Betrieb. Aber da bin ich längst nicht der einzige. Wir haben mehrere Mitarbeiter, die als digitale Vorbilder richtig darauf brennen, neue Dinge auszuprobieren und die Kollegen davon zu überzeugen. Am Ende müssen alle Lust darauf haben, in die gleiche Richtung zu laufen.“

Auf dem Weg zum papierlosen Büro

In den vergangenen knapp zehn Jahren nahm die digitale Pionierarbeit des Unternehmens richtig Fahrt auf. Unter anderem mit dem Versuch, eine Bauakte digital anzulegen, Zeichnungen und Anfragen in Ordnern zu speichern. „Inzwischen sind wir auf dem Weg zum papierlosen Büro. Rechnungen müssen wir nicht mehr aufbewahren, dafür haben wir mit pds ein komplett integriertes System, inklusive Finanzbuchhaltung und Lohn. Der pds-Baustein, in der die Kalkulation und Abrechnung stattfindet, nennt sich ,Branche´. Hinter allen Bereichen haben wir ein integriertes Dokumentenmanagement-System, was GOBD-Standards erfüllt und eine Verfahrensdokumentation, in der wir unsere Prozesse darlegen.“ Zum 1. Januar 2020 stellte die Firma Otto & Ernst Cordes auf die neue Software um. „Wir können damit auch unseren Jahresabschluss selbst erstellen“, sagt Christoph Cordes.

Schnittstellen spielen eine enscheidende Rolle

Um Prozesse zwischen den Partnern im dreistufigen Vertriebsweg und zum Endkunden so smart, sicher und nahtlos abzuwickeln, spielen Schnittstellen eine entscheidende Rolle. „Über GAEB tauschen wir uns mit den Architekten aus. ZUGFeRD nutzen wir mittlerweile auch. Das ist sehr simpel, allerdings stellen nicht alle unsere Anbieter ZUGFeRD zur Verfügung“, sagt der 28-Jährige. Aus der „Branche“ heraus bestellt das Unternehmen über IDS bei GC ONLINE PLUS, der Service-Plattform der Großhandelspartner Cordes & Graefe Bremen beziehungsweise bei G.U.T. ONLINE PLUS von der G.U.T. Handel KG aus Osnabrück. Über UGL importiert es Lieferscheine. Wirtschaftsingenieur Christoph Cordes schildert den reibungslosen Ablauf: „Wir haben unsere Daten, unsere Projektnummer und die gewünschten Produkte, schieben das gesamte Paket mit unseren Referenzdaten zum Online-Shop und lösen dann die Bestellung aus. Wenn wir die Rechnungs-E-Mail dazu bekommen, etwa per ZUGFeRD, wissen wir anhand der Referenzdaten, zu welcher Bestellung die Rechnung gehört und wer sie prüfen muss. Die Rechnung landet aus der Cloud bei uns, wird sachlich erfasst und geht schon zur Prüfung beim Bauleiter und Besteller. Und das alles vollautomatisiert und papierlos.“

iPad in der Bäderwelt

Der junge Geschäftsführer verbindet mit der Digitalisierung Prozesse mit digitalen Tools zu verschlanken, zu vereinfachen, transparenter und am Ende auch günstiger zu machen. Christoph Cordes aber überstürzt nichts, lässt lieber einen Zwischenschritt aus, um mit einem noch effektiveren Endergebnis zu starten. „Wir digitalisieren nicht, um der Digitalisierung Willen. Sinnvoll muss es sein. Die Leute müssen es mitmachen. Nur so geht es.“

Einladend wirkt die Website, auf der das Unternehmen unter anderem einen Budgetplaner für das Badezimmer und einen Heizungskonfigurator anbietet. Christoph Cordes sagt: „Wir wägen immer ab: Erziele ich ein besseres Ergebnis, wenn ich eine Leistung outsource oder es selber mache. Um dem Markt gerecht zu werden, muss man jemanden haben, der sich Vollzeit mit der Website beschäftigt. Aktuell haben wir den nicht. Entsprechend nutzen wir dafür eine Agentur.“ Christoph Cordes weiß genau, wie die Kinder von heute Bad, Heizung und Smart Home von Morgen planen. „Aktuell bekommen wir noch die meisten Neukunden über Empfehlungen. Aber Kunden, die noch nie konkreter mit Heizung zu tun hatten, können sich hier informieren. In unserer Bäderwelt haben wir darüber hinaus ein iPad aufgestellt, auf dem sich Privatkunden bequem durch Badideen durchklicken können. Wie bei Tesla, wo du Deine Ausstattung auswählen kannst.“

Lohnabrechnung vom Handy aus abrufen

Die Digitalisierung ist ein stetiger Prozess der Weiterentwicklung des Unternehmens: Etwa die Möglichkeit, dass die Mitarbeiter ihre Lohnabrechnung vom Handy aus abrufen können und die interne Kommunikation künftig über eine Mitarbeiter-App erfolgt. Auch das Auftragscontrolling wird digitalisiert. „Wir können auf den Knopf drücken und wissen den Stand der Baustelle.“

Vorbei an den modernen, offenen Büros, dem Seminarraum und dem Empfangstresen führt der Weg nach draußen. Kurz vorher spricht Christoph Cordes noch über einen ganz wesentlichen Aspekt: über die Verknüpfung von lokaler und digitaler Stärke. „Unsere Kunden profitieren von unseren digitalen Tools und haben gleichzeitig jemanden, mit dem sie sprechen können. Das ist das Erfolgsrezept.“ Auf dem Rückweg fällt dem Besucher wieder das Schild ein, mit dem das Emsland seine Gäste begrüßt. Darauf steht: „Willkommen bei den Machern!“ Besser kann man es nicht ausdrücken.